Presserecht: Bundesverfassungsgericht entscheidet über Medienanordnungen im Revolution Chemnitz -Prozess

( Bundesverfassungsgericht – Beschluss vom 21. Oktober 2019 –  AZ:  1 BvR 2309/19 )

 

Das Bundesverfassungsgericht hat auf den diesseitigen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung  mit Beschluss vom 21. Oktober 2019 – Az: 1 BvR 2309/19 diverse sitzungspolizeiliche Medienverfügungen des Vorsitzenden des 4. Strafsenats des Oberlandesgerichts Dresden in seiner Wirksamkeit ausgesetzt und festgestellt, dass die angegriffenen Medienverfügungen die Antragstellerin in ihrem Grundrecht auf Pressefreiheit gem. Art.5 Absatz 1 Satz 2 GG verletzen.

Inhalte der sitzungspolizeilichen Medienanordnungen

Eine der beanstandeten Anordnungen betraf die Beschränkung der Anfertigung von Bildaufnahmen auf zwei Kamerateams und vier Fotografen im Rahmen der sog. Pool-Lösung sowie deren zeitliche Begrenzung auf lediglich 10 Minuten vor der Verhandlung  und damit das Verbot von Aufnahmen in den Verhandlungspausen oder nach dem Ende der Verhandlung. Des Weiteren richtete sich der Antrag gegen das pauschale Anonymisierungsgebot des Vorsitzenden für sämtliche Angeklagte und Zeugen des Revolution Chemnitz – Prozesses sowie die erweiternde  Anonymisierungsanordnung des Vorsitzenden für Pool-Führer nebst Androhung des Akkreditierungsverlustes.

Zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Das Bundesverfassungsgericht stellte unter Fortführung seiner diesbezüglichen Rechtsprechungslinie fest, dass die Anordnungen den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügen, weil der Vorsitzende die für seine Entscheidung maßgebenden Gründe nicht offengelegt und dadurch den Betroffenen nicht zu erkennen gegeben hat, dass in die Abwägung alle dafür erheblichen Umstände eingestellt worden sind. Die in den beanstandeten Medienverfügungen gemachten Vorgaben verstünden sich auch nicht in einer Weise von selbst, die eine konkrete Begründung der einzelnen Beschränkungsmaßnahmen entbehrlich machen könnte.

Das Bundesverfassungsgericht weist erneut darauf hin, dass auch für die Frage der Ablichtung und Abbildung von Zeugen eine Abwägung vorzunehmen sei, die nicht für alle Zeugen gleich ausfallen müsse.

Zudem sei zu berücksichtigen, dass im Rahmen der Pool-Lösung eine Pflicht der Poolführer zur Anonymisierung der von ihnen erstellten Bildaufnahmen bereits vor Weitergabe an die übrigen akkreditierten Medienvertreter im Pool einen erheblichen zusätzlichen Eingriff in deren durch die Pressefreiheit geschützten Möglichkeit der Informations- und Materialbeschaffung darstelle und eine derartige Anordnung gesteigerten Anforderungen genügen müsse.

 

Zum Autor:

Rechtsanwalt Stephan Suchy

Rechtsanwalt Suchy ist Fachanwalt für Urheberrecht und Medienrecht in Dresden